Der Kassationshof hat am 20.09.2016 die Entscheidung des Cour d’Appel Paris vom 22.10.2014 bestätigt, durch welche Käufer und Verkäufer von Gesellschaftsanteilen aufgrund Nichtbeachtung des Vorkaufsrechtes zugunsten eines Dritten zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt wurden.
Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: die gesamten Anteile von drei Gesellschaften mit dem Zweck des Betriebs von Groβbaumärkten wurden an die Gesellschaft Bricorama verkauft, obwohl zugunsten des Franchisegebers (B3 services, nachfolgend Mr. Bricolage) ein Vorkaufsrecht hinsichtlich der Anteile an diesen drei Gesellschaften bestand.
Mr. Bricolage hatte das Vorkaufsrecht nach Ansicht des Gerichts wirksam ausgeübt. Die Verkäufer sowie der Käufer wurden vom Cour d’Appel Paris verurteilt, als Gesamtschuldner 5,1 Millionen Euro an die Gesellschaft Mr. Bricolage zu zahlen, zwecks Ersatzes des aufgrund der Nichtbeachtung des Vorkaufsrechtes entstandenen Schadens.
Das Besondere des vorliegenden Falles bestand darin, dass die vom Vorkaufsrecht betroffenen Gesellschaftsanteile an den drei Gesellschaften aufgrund einer zwischenzeitlich durchgeführten Verschmelzung letzterer nicht mehr existierten. Der Kassationshof hat den Anspruch von Mr. Bricolage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 5,1 Millionen Euro bestätigt. Der Schaden setzt sich nach Ansicht des Gerichts zusammen aus (i) dem entgangenen Gewinn (« perte de chance ») sowie (ii) dem Schaden aufgrund unerlaubten Wettbewerbs (« préjudice propre de concurrence déloyale ») – der Käufer Bricorama ist ein Konkurrent von Mr. Bricolage.
Grundsätzlich ist Rechtsfolge der Missachtung eines Vorkaufsrechtes (im Falle der Kenntnis des Dritten vom Vorkaufsrecht sowie der Absicht dessen Ausübung) die Nichtigkeit des Kaufvertrages mit dem Dritten bzw. die Einsetzung des vom Vorkaufsrecht Begünstigten in die Stellung des Dritten, unter Übernahme aller sich aus dem betreffenden Vertrag ergebenden Rechten und Pflichten.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang ebenfalls das durch die Reform des französischen Vertragsrechts am 01.10.2016 eingeführte schriftliche Auskunftsersuchen bezüglich eines vermeintlichen Vorkaufsrechtes: ein Dritter kann dem vermeintlich Begünstigten eines Vorkaufsrechtes schriftlich eine angemessene Frist setzen, innerhalb welcher er sich zu äuβern hat im Hinblick auf (i) die tatsächliche Existenz des Vorkaufsrechtes sowie (ii) seine eventuelle Absicht, sich auf dieses zu berufen. Äuβert sich der Begünstigte nicht innerhalb dieser Frist, kann er weder die Nichtigkeit des Vertrages mit dem Dritten behaupten, noch die Einsetzung in die Stellung dieses Dritten beanspruchen.
Marion Mein
Avocat au Barreau de Paris / Rechtsanwältin Kammergerichtsbezirk Berlin