Internationale Zuständigkeit: Urteil des französischen Kassationshofes, 1. Zivilkammer, 07.10.2015 (Nr. 14-16.898)

Die Gesellschaft eBizcuss.com hat mit der Gesellschaft Apple Sales international am 10.10.2002 einen Vertrag zum Vertrieb von Produkten der Marke Apple geschlossen. Dieser Vertrag enthielt eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der irländischen Gerichte. Die Gesellschaft eBizcuss.com klagte vor einem französischen Handelsgericht auf Zahlung von Schadensersatz aufgrund wettbewerbswidrigen Verhaltens der Gesellschaften Apple Sales international, Apple Inc et Apple Retail France (Apple) im Jahre 2009. Die Beklagten erhoben die Einrede der Unzuständigkeit mit Verweis auf die Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten irländischer Gerichte.

Die Gesellschaft MJA, Konkursverwalter der Gesellschaft eBizcuss.com, hat in dem hier dargestellten Verfahren vor dem Kassationshof eingewandt, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung, welche einen Vertragspartner (eBizcuss.com) zur Anrufung der irländischen Gerichte verpflichtet, dem anderen Vertragspartner (Apple Sales international) jedoch die Wahl hinsichtlich des anzurufenden Gerichtes lässt, dem Zweck des Art. 23 der Verordnung Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: « Verordnung Nr. 44/2001 »)* widerspreche.

Der französische Kassationshof hat das Urteil des Berufungsgerichtes insoweit bestätigt, als die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Gerichtsstandsvereinbarung bejaht wurde. Insbesondere seien die Grundsätze der Bestimmbarkeit des zuständigen Gerichtes und der Vorhersehbarkeit trotz des der Beklagten eingeräumten Wahlrechtes gewährleistet, im Einklang mit der Verordnung Nr. 44/2001.

Allerdings hat der Kassationshof den Rechtsstreit zur Entscheidung an das Berufungsgericht Versailles zurückverwiesen, da letzteres sich im Ergebnis fehlerhaft für unzuständig erklärt hatte. Die betroffene Gerichtsstandsvereinbarung erfasse nicht den Fall der Klage auf Zahlung von Schadensersatz aufgrund wettbewerbswidrigen Verhaltens. Insofern bezog sich der Kassationshof auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (vierte Kammer) vom 21. Mai 2015, Rechtssache C‑352/13, Cartel Damage Claims c/ Akzo Nobel u.a., wonach Gerichtsstandsklauseln im Rahmen wettbewerbsrechtlicher Streitigkeiten Anwendung finden, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sich diese Klauseln auch gerade auf Streitigkeiten aus Haftung wegen einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht beziehen. *Wichtiger Hinweis: Die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen wurde mit Wirkung zum 10.01.2015 durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ersetzt. Das vorliegende Verfahren hat vor dem 10.01.2015 begonnen, demzufolge war insofern noch die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 anwendbar.

Membre du
Barreau de Paris

Avocat à la Cour

Mitglied der
Rechtsanwaltskammer Berlin

Rechtsanwältin